Für Swissbillard.ch, Pascal Nydegger
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David Plattner vom OBC wird Senioren Europameister im 8-Ball! |
Liebe Swissbillard Leser. Nach dem Erfolg von David Plattner an den Senioren Europameisterschaften 2010 in Leende hatte Swissbillard das Vergnügen dem Ostschweizer ein wenig auf den Zahl zu fühlen. Wer ist David Plattner eigentlich? Woher stammt er und welchen Weg musste er zurücklegen um den Billardspieler und die Person zu werden, die er heute ist? Auf diese Fragen gibt euch der frisch gekürte 8-Ball Senioren Europameister hier Antworten.
Hallo David... Erstmal recht herzliche Gratulation zu deinem Grosserfolg mit dem 8er Ball Senioren Europameistertitel in Leende/NL. David, man hat dich noch als Spieler der früheren Generation (90er Jahre) in Erinnerung, doch dann bist du von der Bildfläche verschwunden. Wann hast du überhaupt begonnen, Billard zu spielen? Wann und wieso hast du pausiert? Und wann bist du wieder zurückgekehrt?
Zum ersten Mal ein Queue in der Hand gehalten habe ich 1985/86. Die QT-Saison 1988/89 war die erste von zweien, die ich gespielt habe. Was dann folgte... Meine unvergesslichste Leistung bleibt vielleicht, 1989 mit einem drei Wochen zuvor querdurch gebrochenen Rückenwirbel aufrecht stehend im Korsett die erste Schweizer Trickstoss-SM gewonnen zu haben (mit Schmerzen und traurig, auf meine erste SM- und EM-Teilnahme verzichten zu müssen). Eine Auflistung meiner Unfälle und gesundheitlichen Probleme würde zu weit führen. Ich betrachte mich als Glückspilz, weil ich noch lebe. Dieser Einsicht verdanke ich meine mentale Stärke. Ich hätte gern ein Leben lang gespielt; stattdessen musste ich mich auf Kurzauftritte beschränken, wie einmal pro Jahr von lieben alten Bekannten an die Team-SM mitgenommen zu werden. Als ich beschloss, letzte Saison bei den Senioren mitzuspielen, wollte ich es auf einen Versuch ankommen lassen. Seit ich 1989 die USA bereist und bei Jerry Briesath Unterricht genommen habe, coache und trainiere ich andere. So lebe ich meine Liebe zum Spiel.
Name |
David Plattner |
Geboren am |
05. Januar 1968 in St. Gallen |
Heutiger Wohnort |
St. Gallen |
Beruf |
Lehrer (auch Billard!) |
Lieblingsessen |
Gourmet |
Lieblings-Getränk |
guter Wein |
Lieblings-Billardtisch |
10-Fuss-Pooltische wie zu Ralph Greenleaf’s Zeiten |
Höchstserien |
stammen allesamt aus einem früheren Leben |
Club/Center |
Ostschweizer Billard Club (OBC) / Billard Bar Sorrento in Rorschach
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Spiel-/Breakcue |
Southwest (Jerry Franklin 1991) & Tascarella (Pete Sr. 1989) / Predator BK2 |
Vorbilder |
Efren Reyes, Leon Fleisher |
Ich glaube, sehr viele Billardspieler in der Schweiz, und vor allem diejenigen, die um das Spielniveau der Senioren-Europameisterschaften wissen, waren sehr überrascht, dass unser Schweizer David Plattner einen Europameistertitel ergatterte. Wie ging es dir? Was hattest du dir für Ziele gesetzt? Und hättest du dir das vor dem Turnier zugetraut?
Mental und spielerisch traue ich mir einiges zu. Gesundheitlich weniger. Es wäre grotesk zu glauben, man könne allein mit Konzentration und gutem Willen jedes Hindernis überwinden. Ich versuche, mein Bestes zu geben, überlasse mich beim Billard meinem angeborenen Perfektionismus, und sehe zu, wohin das führt.
Wie würdest du dich selber als Spieler beschreiben? (mental und technisch)
Ich würde mich als methodisch und genau beschreiben, ausserdem als neugierig und anpassungsfähig. Ich weiss über das Poolspiel mehr als die meisten, über Stosstechnik insbesondere. An guten Tagen stelle ich mir vor, ich könnte das alles selbst auch (bzw. noch immer) ausführen.
Wo stufst du diesen Erfolg ein in deiner Billard-Karriere? Und was bedeutet dir dieser Titel aus Leende?
Der Zeitpunkt war goldrichtig. Ich werde ja nicht jünger. Meine früheren Erfolge scheinen einem anderen Leben zu entstammen. Ich fühlte mich in Leende schlagartig eins mit mir selbst: ein starker Geist in einem gebrechlichen Körper scheint mir seither das Geheimnis meines Erfolgs.
Wie würdest du deine Gefühle in DREI STICHWORTEN beschreiben?
Glück. Motivation. Lebensgefühl.
Ein paar Worte zum Schweizer Billard: wie stufst du das Gesamtniveau gegenüber der europäischen Konkurrenz ein?
Es war schwieriger, als ich es mir hätte vorstellen können. Fünf nahezu (doch nie ganz, sodass ich stets im Bewusstsein weiterspielte, es ginge noch besser) perfekte 8-Ball-Matches in Serie, plus zum Schluss je ein qualitativ durchwachsenes Halbfinal und Final (die Nerven kosteten, aber auch das ist Teil des Spiels) – und es hat nur knapp gereicht! Die anderen spielten fast alle so gut, und das gegen elf Stunden am Tag, die ganze Woche lang. Wie viele Spieler bei uns können so ein Niveau über den Zeitraum wichtiger Grossanlässe aufrecht erhalten? Es gibt keinen Grund, Angst zu haben: im Pool-Billard kann man gegen jeden mal gewinnen. Aber dieser gesunde Druck, dass mit weniger als fehlerfreiem Spiel auf die Dauer kein Blumentopf zu gewinnen ist, der fehlt uns Schweizern.
Wie würdest du die Schweizer Senioren-Förderung beurteilen, oder gar unser gesamtes System?
Ich beklage mich ungern. Dass mit Billard kaum Geld zu verdienen ist, und man als Spieler mehrheitlich draufzahlt, ist ein Problem, an dem wir Senioren nagen seit es diese Kategorie gibt. Ich verstehe zudem nicht genau, was in unserem geliebten Sport alles schief läuft und wieso. Womöglich wäre es nun an der Zeit und meine Pflicht, mich damit auseinanderzusetzen.
Nun hast du diesen Titel im Sack. Was kommt nun? Hast du Lust auf mehr? Wie soll es weiter gehen?
Ich liebe dieses Spiel. Aufgeben widerspricht meinem Charakter. Was meine Leistung anbelangt, die mag zwar ausgereicht haben, aber ich weiss auch, ich kann das besser. Ich freue mich jetzt schon auf die WM der Profis Ende Februar in Fujairah.
Zum Schluss noch eine kleine persönliche Frage: Am Schluss deiner Texte im Forum oder auch Berichten erscheinen jeweils zwei asiatische Schriftzeichen (). Kannst du mir etwas dazu erzählen?
„Sifu“ [shifu] ist Mandarin bzw. Kantonesisch für „Lehrer“ (in der chinesischen Kampfkunst: „väterlicher Meister“) – der Spitzname stammt von einem meiner Lieblings-Billardschüler.
Ich danke Dir für die Beantwortung der Fragen und natürlich für den nachfolgenden Erlebnisbericht. Mich als Billardspieler macht es stolz, einen weiteren Europameister in der Schweiz zu haben, und ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg.
Persönlicher Erfahrungsbericht vom Ostschweizer David Plattner
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Ohne Niederlage kämpfte sich Plattner durch den 8-Ball Wettbewerb in Leende/NL |
Die Senioren-EM 2010 in Leende war in gewisser Beziehung das schönste Billardturnier, an dem ich je teilnehmen durfte. Die Atmosphäre war geprägt von Wohlwollen, gegenseitigem Respekt und unglaublichem Kampfgeist, wie ich ihn nirgends, auch nicht an amerikanischen Profiturnieren erlebt habe. Ist ein Match vorbei, gehen wir “alten Knacker” eins miteinander trinken, aber bevor es soweit ist, gilt: hält man auch nur den kleinen Finger hin, ist gleich die ganze Hand weg!
Wie hoch das spielerische Niveau der internationalen Senioren ist, erkennt man daran, dass Andreas Bucher, Sascha Manojlovich, Marcel Meier und ich mehrheitlich ja dermassen auf die Nüsse bekommen haben, dass jeder einzelne von uns gar nicht anders konnte, als seine Lehre daraus zu ziehen.
Sich anzupassen war allerdings nicht einfach. Unten im Tagungszentrum waren die Bedingungen nahezu ideal, es war ein Hochgenuss, da zu spielen. Oben im Zelt, wo auch die TV-Tische standen, wo alle Halbfinale und Finale stattfanden, war es morgens saukalt und pitschnass, nachmittags feucht-heiss wie im Tropenhaus, und abends prasselte während der Finale der ersten drei Disziplinen 14/1, 10-Ball und 8-Ball der Regen nicht nur oben aufs Dach… Da schied sich dann wirklich die Spreu vom Weizen!
Das führte einerseits dazu, dass das Niveau der TV-Matches – während derer die Amateure unter uns (und dazu zähle ich natürlich auch mich selbst!) auch mal erste Ermüdungserscheinungen zeigten – vor allem der ersten Wochenhälfte merklich unter dem Niveau der Tagesleistung der jeweiligen Akteure lag. Gegen Ende der Woche hielt das Wetter dann auch abends, und es war faszinierend zu sehen, wie positiv sich dies auf die Endrunden im 9-Ball und Team-Wettbewerb auswirkte.
Andererseits lehrte mich dies alles nicht nur Bescheidenheit und Demut: im Laufe von Tag 3 und 4 schienen in mir plötzlich die vollen 24 Jahre (mit vielen, auch längeren Unterbrüchen!) Billarderfahrung zum Vorschein zu kommen – längst vergessenes Wissen gepaart mit der Neugier und Bereitschaft, auf die Schnelle noch zu lernen, was nur irgend möglich war. Ich muss gestehen: ein klein bisschen stolz auf mich bin ich schon.
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