rico guerriero
Schweiz
89 Beiträge |
Erstellt am: 01 August 2006 : 01:14:20 Uhr
|
Persönliche Stellungsnahme
Wie ihr sicher schon alle mitbekommen habt, bin ich an der 8er-Ball SM-Ausscheidung positiv auf Cannabis getestet und in der Folge für 6 Monate gesperrt worden. Ich erlaube mir, meine Sichtweise dazu hier niederzuschreiben.
Als langjähriger (ehemaliger) TK-Chef unseres Vereines habe ich vom Verband resp. neu der Sektion Pool jedes Jahr zwecks Erneuerung der Lizenzen die entsprechenden Formular und die Dopingliste von Swiss Olympic erhalten. In diesem Reglement gibt es 2 Kategorien:
1. Jederzeit verbotene Wirkstoffe und Methoden (in- und außerhalb von Wettkämpfen) 2. Im Wettkampf verbotene Wirkstoffe und Methoden
In der Kategorie 2 ist Cannabis aufgeführt mit dem Vermerk: Cannabinoide (wie z.B. Haschisch, Marihuana) sind verboten. Ich dachte mir, somit würde es reichen, wenn ich am Vortag und am Tag der Turniere jeweils nicht kiffe. Dies war naiv, wie ich im Laufe der Ermittlungen feststellen musste! Mit der Unterzeichnung des Lizenzformulars akzeptieren wir jeweils die aktuellen Dopingreglemente von Swiss Olympic. Hätte ich diese durchgelesen, wäre mir dieser Irrtum nicht unterlaufen. Item, nun sitze ich meine Sperre ab und komme nach Ablauf der Sperre (13. Dez. 06) „ungedopt“ zurück!
Wichtig ist mir, dass ich euch hier einige wichtige Erkenntnisse im Zusammenhang mit dem nun abgeschlossenen Verfahren mitteilen kann:
1. Cannabis wird auch von Swiss Olympic als nicht leistungsfördernd bezeichnet! 2. Swiss Olympic ersuchte beim ihr übergeordneten Organ (World Anti Doping Agency) um die Streichung von Cannabis aus der Dopingliste. Begründung: Es handelt sich dabei um eine nicht leistungsfördernde Substanz, verursacht jedoch aufgrund der Vielzahl von positiven Fällen (50 % aller positiven Fälle) einen immensen Arbeitsaufwand. Somit bleibe ihnen wenig Zeit, sich um die wirklichen Dopingfälle zu kümmern! Das Anliegen wurde abgelehnt mit der Begründung, dass Cannabis eine verbotene Droge ist. (Ethik-Charta, Punkt 7: Verzicht auf Drogen und Suchtmittel) 3. Mein Vergehen ist somit der Konsum einer verbotenen Droge! (Verstoß gegen Ethik-Charta) 4. Die Auslegung des Wortes „Doping“ ist jeweils präzisiert mit dem Zusatz „das Vorhandensein einer verbotenen Substanz im Körper des Athleten“ 5. Die 2 Kategorien im Dopingreglement unterscheiden sich darin, dass jene Wirkstoffe aus Kategorie 1 immer getestet werden können (auch ausserhalb von Wettkämpfen), jene aus Kategorie 2 jedoch nur an den Wettkämpfen! Somit ist es möglich, während einer längeren Turnierpause z.B. Cannabis zu konsumieren. Man muss dann jedoch darauf achten, dass beim nächsten Wettkampf der Wirkstoff nicht mehr im Körper des Athleten vorhanden ist! (Dauert bei Cannabis je nach Menge des Konsums bis zu 3 Monate!) 6. Mir wurde mitgeteilt, dass einzelne Swiss Olympic angeschlossene Verbände bewusst auf die Kontrolle von Cannabis verzichten, da diese befürchten, es würde bei ihnen zu viele positive Fälle geben! (schlechte Werbung, deutlich weniger Lizenzierte)
Resonanz in der Presse
Die regelmäßigen Zeitungsleser unter euch haben sicher mitbekommen, welches Echo die Pressemitteilung von Swiss Olympic ausgelöst hat! 80 % aller Tageszeitungen haben zumindest eine kurze Mitteilung veröffentlicht, einige sind mehr ins Detail gegangen, Von „Skandal in der Billard-Szene“ usw. wurde geschrieben. Negative Mitteilungen werden von der Presse selbstverständlich sofort aufgegriffen. Die Resonanz reichte bis nach Deutschland, Österreich, Ungarn, Rumänien und, wen wundert`s, Holland! Auch das Radio spielte mit, ich musste dies während meiner Arbeit auf dem Bau anhören! Diverse Tageszeitungen haben bei mir nachgefragt, ob ich persönlich dazu Stellung nehmen will. Bis auf eine Ausnahme habe ich alle abgeblockt. Bei diesem Bericht ging es mir darum, die Öffentlichkeit zu informieren, dass Cannabis nicht zur Leistungssteigerung dient und ich somit nicht „gemogelt“ habe! Zum Konsum von Cannabis kann ich hingegen stehen. Diesen Bericht habe ich Pascal Nydegger und Christoph Rosetti zur Veröffentlichung auf deren HP`s geschickt. Soeben, während dem Schreiben dieser Stellungnahme, hat nun auch noch Tele Tell nachgefragt, ob sie einen Bericht mit mir machen können! Ich habe abgesagt, da ich finde, wir haben schon zuviel negative Werbung für unseren Sport gemacht!
Auswirkungen von negativ-Schlagzeilen
Der aktuelle Doping-Fall im Radsport (Floyd Landis) verdeutlicht, welch verheerenden Auswirkungen solche Schlagzeilen haben können. Nach 12 positiven Proben zieht sich Phonak als Sponsor aus dem Radsport zurück! Dies war vor dem Fall Landis für das Radsport-Team kein Problem, denn sie hatten auf die neue Saison mit iShares bereits einen neuen Hauptsponsor gefunden. Jetzt, nach der positiven Probe von Landis, zieht sich der vermeintliche neue Sponsor zurück! Auch der deutsche Sender ZDF zieht einen Rückzug aus dem Vertrag für die Übertragungen der Tour de France in Erwägung. Zitat: „Wir haben einen Fernsehvertrag über eine Sportveranstaltung und nicht über eine Pharma-Leistungsschau abgeschlossen!“
Wollen wir in Zukunft Sponsoren für unsere Sportart finden, müsste der Vorstand diese möglichen Auswirkungen in ihre Überlegungen mit einbeziehen! Die Kosten von Fr. 5500.- für die durchgeführten Kontrollen sollten doch mit dem Nutzen harmonieren. Vor allem wenn man weis, dass von den 3 positiv getesteten Spielern im Maximum Fr. 1500.- zurückkommen. Mich interessiert, wie die verbleibenden Ausgaben der Sektion von Fr. 4000.- von den Mitgliedern an der nächsten DV aufgenommen wird.
Stellt euch auch vor, was die mediale Präsenz für mich oder jeden anderen betroffenen Spieler bedeutet! Mein Name wird in zig-tausenden Haushalten in Verbindung mit Doping gelesen und gehört. In der Öffentlichkeit werden Dopingsünder als Betrüger wahrgenommen! Was denkt Ihr, wie viele sms und Anrufe ich gekriegt habe? Sehr oft musste ich erklären, was Fakt ist. Aus diesem Grund habe ich auf die Anfrage der Luzerner Zeitung zu einem Interview zugesagt. So konnte ich öffentlich darlegen, dass ich nicht betrogen habe.
Auswahlverfahren der zu testenden Spieler
Die Auswahl der zu testenden Spieler an der 8er Ball SM warf mir Fragen auf. Deshalb stellte ich an der 9er Ball SM André Keiser zur Rede. Ich wollte wissen, wie die Auswahl zustande gekommen ist. Andrè teilte mir mit, ich sei ausgelost worden, die anderen 4 Spieler seien aufgrund von Beobachtungen seinerseits von ihm bestimmt worden. Ich entgegnete, dass ich anlässlich meiner Kontrolle die Experten von Swiss Olympic gefragt habe, wie die Auswahl gelaufen sei. Diese zeigten mir ein Schreiben von Andrè Keiser, worin er fordert, dass die „anderen vier“ und ich getestet werden sollen! Also direkt ins Gesicht gelogen! Damit konfrontiert, entgegnete Andrè, er übernehme die alleinige Verantwortung für die Auswahl. (kannst dich ja aufs „Kollegialprinzip“ berufen) Dann wollte ich von ihm Wissen, wieso er denn konkret mich verdächtige? „Aufgrund von Beobachtungen“ war seine Antwort. Dazu muss ich bemerken, dass ich Andrè nie an einem Turnier gesehen habe. Weiter fragte er unter anderem vor nicht all zu langer Zeit mich an, ob ich einen der vakanten Posten im Sektionsvorstand besetzen könne. Man holt doch nicht wissentlich einen Kiffer in den Vorstand… Aber am allerwichtigsten ist der Umstand, dass ich in den letzten 8 Jahren bewusst an keinem Turnier gekifft habe, da das Kiffen nicht förderlich für meine Leistung ist! Somit hat mich auch an den Turnieren garantiert kein Billardspieler oder Funktionär Kiffen gesehen!!!
Unter diesen Umständen versteht der eine oder andere von euch Lesern, dass ich während diesem „Gespräch“ ziemlich ungehalten war und an Andrè, Sascha Specchie und Renè Brand (saßen in unmittelbarer Nähe am „Zeitung lesen“) einige unbedachte Äusserungen richtete, für die ich mich hiermit entschuldigen möchte. Dies ändert allerdings nichts an den Fakten. Ich habe dieses Gespräch dann auch infolge Aussichtslosigkeit beendet Auffallend ist, dass sämtliche 10 getesteten Spieler Clubs angehören, welche aus Sicht des Sektionsvorstandes „unangenehm“ aufgefallen sind! An der 2. Kontrolle erschienen dann nicht alle „Auserwählten“, was zur „Auslosung“ von weiteren Spielern führte. Andrè verkündete dann deutlich hörbar, er werde jetzt diese Auslosung vornehmen….und verschwand für kurze Zeit mit Sascha Specchia in einen Nebenraum! Dabei muss ich anmerken, dass beide aus meiner Sicht keinerlei Utensilien für eine Auslosung dabei hatten. (außer der Startliste) 2 Minuten später gab dann Andrè den Kontrolleuren die neuen Namen an.
Einige weiteren Unstimmigkeiten aus dem Bericht von Andrè in der Pool Billard News:
- Das Urteil entspricht nicht deinem Strafabtrag (dieser liegt mir vor, da ich Einsicht in sämtliche Akten habe) - Zumindest eine Person des Vorstandes wusste Bescheid über den Ort und Zeitpunkt der Kontrollen! (nicht weiter Lügen resp. schützen) Dies ist eine sichere Erkenntnis, denn eine Person eures Vorstandes hielt nicht dicht! Ich wusste vor der SM 9er Ball, dass es dort wieder Kontrollen geben wird! - Bestätigen kann ich die Aussage von einigen Clubpräsidenten, dass diese nicht überrascht sind von einigen positiven Fällen. Dies widerspiegelt jedoch nur, dass bei uns, bei anderen Sportarten wie auch in der Gesellschaft immer ein gewisser Prozentsatz Kiffer sind. Bei uns sind dass nicht mehr und nicht weniger als anderswo, man kann somit nicht von einem Drogenproblem im Billardsport reden. - Als stoßend empfinde ich die Veröffentlichung meines „Urteils“ in diesem Bericht, obwohl Andrè zu diesem Zeitpunkt wusste, dass ich gegen das Urteil Rekurs eingelegt habe!
Meine ganz persönliche Meinung zum Auswahlverfahren:
Ich bin klar der Meinung, dass die Inputs von den Vorstandsmitgliedern Sascha Specchia und Renè Brand kamen. Da sie als Elite-Spieler und Vorstandsmitglieder nicht in diese „Sache“ involviert sein dürften, hat sich Andrè vor sie gestellt. Sascha war Präsident in der Spiko, als ich für kurze Zeit auch dort tätig war. Er hat sich vehement für die Verfolgung der sich „dopenden“ Kiffer ausgesprochen. Auch sein Eintrag im Forum von swissbillard (Thema Blog) zeigt, dass er der Meinung ist, Kiffer seien Doper. Und wieso fühlte er sich von Christoph Rosetti`s Bericht angesprochen? Renè Brand`s Meinung zum Thema Kiffer dürften etliche Spieler kennen, hat er sich doch schon mehrfach an den diversen Bar`s der Billardcenter dazu geäußert. Aber, wie du selber schreibst in deinem Bericht, Andrè, ich kann mich auch täuschen. Es wird ja immer irgendjemand irgendetwas erzählen und es muss nicht immer wahr sein…
Beste Grüsse, auf eine angeregte Diskussion
Einer, der seine Gegner nur am Tisch schlägt
Rico Guerriero
|
|